Mit der Heiligen Maria durch den Mai
Als üppig blühender Frühlingsmonat und als Monat der Verliebten ist der Mai oft zum literarischen Motiv geworden – auch wenn der Klimawandel mit immer früheren Temperaturrekorden wie erst im heurigen April an diesem Nimbus schon kräftig gekratzt hat. Der Mai hatte es den Menschen also immer schon angetan. So fügte es sich, zusammen mit der wieder frisch aufgeblühten Natur Maria, die „schönste Blume im Garten Gottes“, zu ehren. Sie symbolisiert den „Frühling des Heils“, steht sie doch am Beginn des Heilswerkes Gottes.
Mit dem Mai beginnt auch wieder die Wallfahrtssaison. Das beobachtet auch P. Stefan Obergfell, der die kleine Kommunität der Oblaten Mariens in Maria Taferl leitet. Dem Orden ist seit 1969 die Seelsorge in dem wohl bekanntesten Marienwallfahrtsort in der Diözese St. Pölten und in Niederösterreich anvertraut.
Pilger kommen freilich das ganze Jahr über. Den Abschluss einer jeden Messfeier bildet ein zum Kirchenjahr passendes Marienlied. Im Mai gibt es in Maria Taferl außerdem an jedem Sonntag um 14.30 Uhr eine Maiandacht mit Predigt. In Wallfahrtsorten in Deutschland, wo P. Stefan früher tätig gewesen ist, seien die Kirchen dabei stets voll gewesen, erinnert er sich. Wie wichtig diese Predigten früher waren, kann man daran ablesen, dass sie manche Prediger sogar drucken ließen. Tägliche Maiandachten gibt es heute nur mehr in wenigen größeren Städten.
Maria – Schwester im Glauben
Die Menschen, die nach Maria Taferl kommen, sollen hier Trost und Zuflucht finden und ihre Anliegen vor Gott tragen können, nennt P. Stefan Obergfell ein Anliegen, das ihm sehr am Herzen liegt. Maria steht den Menschen dabei als Schwester im Glauben zur Seite, die zu Jesus führt.
Maiandachten sind eine besondere Form der Marienverehrung. Anders als man es vielleicht vermuten würde, haben sie eine noch recht kurze Geschichte. Sie verbreiteten sich im 18. Jahrhundert von Italien aus auch in den deutschsprachigen Ländern. Zu ihrer Popularität trug nicht zuletzt der Umstand bei, dass Papst Pius VII. zweimal, 1815 und 1822, diese Andachtsform bestätigte und mit der Teilnahme daran einen Ablass verband. Als Papst Pius IX. im Jahr 1854 – vor nunmehr 170 Jahren – das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Marias verkündete, erfuhr diese Form der Marienverehrung nochmals Auftrieb.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts rückten wieder mehr die biblischen Aussagen über Maria ins Blickfeld. Insbesondere der Evangelist Lukas zeichnet ein eindrucksvolles Bild Marias als Frau, als Mutter und als Glaubende, die eine besondere Berufung erfährt und auf Gottes Wort mit einem unwiderruflichen „Ja“ antwortet, allen Widrigkeiten zum Trotz, die für sie damit verbunden sind. So bezeichnete Papst Benedikt XVI. Maria als Mittlerin und Dolmetscherin, die den Menschen heute die Evangelien und die Heilsgeschichte näherbringen und verständlicher machen kann.
Das neue „Gotteslob“ stellt Maria als Mutter und Schwester der Glaubenden vor, die den Weg des Menschen zu Gott bereits gegangen ist. Deshalb kann sie auch Vorbild sein und um Hilfe auf dem Weg zu Gott angerufen werden. Marienlieder finden sich im Stammteil (520 – 537 mit weiteren Verweisen) sowie im Österreichteil (946 – 965).
Nach einer gewissen Flaute erfreuen sich Maiandachten wieder zunehmender Beliebtheit. Bei vielen Kapellen und auch Flurdenkmälern versammeln sich die Bewohner der Umgebung zum gemeinsamen Beten und Singen. Dazu gehört auch das reichhaltige marianische Liedgut, das Chöre und Musikgruppen pfglegen und damit zur festlichen Gestaltung beitragen. Eine kleine Bewirtung und geselliges Beisammensein, wie sie mancherorts üblich sind, tun auch der Gemeinschaft gut.
Österlich geprägte Marienverehrung
Der Mai fällt stets zumindest teilweise in die österlich geprägte Zeit des Kirchenjahres. Maiandachten sind schon deshalb so etwas wie ein Nachklang der österlichen Freude, die auch in vielen Liedern zum Ausdruck gebracht wird, etwa: „Freu dich, du Himmelskönigin – der Heiland lebt, den du gebarst“. Der Text dieses Liedes beruht auf dem „Regina coeli, laetare“, also der für die Osterzeit charakteristischen Marienantiphon im Stundengebet der Kirche. Neben dem Mai steht noch der Oktober im Zeichen der Gottesmutter, und zwar als der „Rosenkranzmonat“.
Der Marienmonat Mai kann aber auch ein Anlass sein, täglich mit Maria zu Jesus zu kommen, ist sie doch „die Straße, die zu Christus führt“, wie es Papst Paul VI. formulierte. Ein durch und durch biblisches Gebet bietet sich dazu besonders an: das Angelus-Gebet oder auch der „Engel des Herrn“ (Gotteslob Nr. 3,6 sowie am Ende dieses Beitrags).
Reichhaltige Marienüberlieferung
Zahlreiche Freskenzyklen und Flügelaltäre in alten Gotteshäusern haben Szenen aus dem Leben der Gottesmutter Maria zum Inhalt. Beispiele finden sich in unserer Diözese etwa in Maria Laach am Jauerling, in Mauer bei Melk, in Krenstetten und Zöbing. Die Themen fußen auf biblischen, teilweise aber auch außerbiblischen (sogenannten „apokryphen“) Überlieferungen. Zu letzteren gehören etwa die Geburt Marias mit der Erwähnung ihrer Eltern Joachim und Anna, der „Tempelgang Marias“ als junges Mädchen sowie ihre Vermählung mit Josef vor dem Hohenpriester und die Rast der Heiligen Familie auf der Flucht nach Ägypten. Die große Mehrzahl aber steht zutiefst auf biblischem Boden, von der Erwählung zur Mutter Jesu über die Hochzeit zu Kana bis hin zum Kreuz. Und auch nach der Auferstehung Jesu, zu Ostern ebenso wie zu Pfingsten, ist Maria mitten unter den Jüngern.
Marien-Orte fern und nah
Zuletzt noch ein kleines „Brainstorming“: Wie viele Ortsnamen bzw. Kirchen in der Diözese St. Pölten, die mit „Maria …“ beginnen, fallen Ihnen auf Anhieb ein? Hier nur eine kleine Auswahl an Ergänzungen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit: … Taferl, Dreieichen, Jeutendorf, Anzbach, Laach, Rafings (bei Waidhofen/Thaya), Steinparz, Seesal, Langegg, im Moos (Randegg). Und ja, auch nach Mariazell im Steirischen ist es nicht wirklich weit.
Übrigens: Wussten Sie, dass fast alle Stiftskirchen in der Diözese St. Pölten (mit Ausnahme von Melk) der Gottesmutter Maria geweiht sind, ebenso wie die Domkirche, die ja auch einmal eine Stiftskirche war?